Wie problematisch hohe Energiekosten für einen Wirtschaftsstandort sein können, macht sich in Deutschland gerade schmerzhaft bemerkbar. Schon vier von zehn Unternehmen beschäftigen sich mit Abwanderungsplänen, so die DIHK. In einer viel beachteten Studie, u.a. von der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm publiziert, war zudem kürzlich davon die Rede, dass die Stromkosten im kommenden Jahrzehnt voraussichtlich auf ihrem hohen Niveau verbleiben werden. Was also tun?
Wer auch weiterhin von den Vorteilen des deutschen Wirtschaftsstandorts profitieren (man denke beispielsweise an das Ausbildungsniveau, Sicherheit oder die Infrastruktur) und gleichzeitig auf lange Sicht wettbewerbsfähig bleiben möchte, dem bleibt in vielen Industriebranchen nichts anderes übrig als die Energieeffizienz zu steigern. Eigentlich eine Binsenweisheit, deren Bedeutung in der Vergangenheit aber oft vernachlässigt wurde. Dabei lässt sich der Wirkungsgrad von Anlagen oder Systemen meist schon mit vergleichsweise einfachen und niedrigschwelligen Mitteln erheblich verbessern. Gerade die vielen elektrischen Antriebe, die in so großer Zahl überall in der Industrie zum Einsatz kommen (und laut Umwelt Bundesamt gut zwei Fünftel des gesamten Stroms in Deutschland verbrauchen!), bieten gigantisches Einsparpotenzial.
Mit Nachrüstungen zu mehr Transparenz
Der einfachste Weg zu mehr Energieeffizienz ist meist die Nachrüstung digitaler und kommunikationsfähiger Komponenten. Logisch, denn nur wenn klar ist, wo Ineffizienzen bestehen bzw. entstehen, lassen sich auch die besten Ansatzpunkte für Optimierungen identifizieren. Beispielsweise können Frequenzumrichter, die inzwischen ohnehin in den meisten Antriebssystemen verbaut sind, bei Bedarf durch neue digitale Modelle ersetzt werden. An neuralgischen Punkten der Produktion installiert, erhöhen sie einerseits die Datentransparenz und ermöglichen andererseits eine Feinjustierung des Motors, um Anwendungen bedarfsgerecht zu steuern und Lastspitzen zu vermeiden. So tragen Frequenzumrichter gleich doppelt zu einem energieeffizienteren Betrieb bei. Denn die erfassten Daten lassen sich mit entsprechenden Softwarelösungen auswerten und für ein effizienzsteigerndes Lastmanagement verwenden.
Eine weitere Möglichkeit ist die Nachrüstung von Sanftanlassern. Handelsübliche IE3-Motoren sind mit einem Wirkungsgrad von über 90 Prozent auf dem Papier zwar sehr energieeffizient. Mit einem deutlich höheren Anlaufstrom – bis zum 15-fachen des Motornennstroms – und einem bis zu 3-fach erhöhten Drehmoment haben sie aber auch klare Nachteile, wie der ZVEI anmerkt. Genau hier spielen Sanftanlasser wie der Altivar ATS 130 ihre Stärken aus. Durch die stufenlose Regelung der Spannungsversorgung in der Anlaufphase des Motors wird eine initiale Stromspitze verringert und Energie so bedarfsgerechter eingesetzt. Zusätzlich werden durch das sanfte Anfahren von Bewegungen Laststöße verhindert und mechanische Bauteile – auch der Motor selbst – geschont.
Besser in Digital – Auslegung und Optimierung
Neben dem Nachrüsten von Komponenten, kann man das Thema Energieeinsparungen bei Motoranwendungen auch grundlegender angehen. Softwaretools unterstützen dabei, die Auslegung einer Motorapplikation zu optimieren – und das nicht nur bei neu geplanten Anlagen. Auch bestehende Anlagen können nachträglich in Digital Twin-Lösungen überführt werden. Auf dieser Basis lassen sich dann Soll-Werte mit realen Betriebsdaten abgleichen. So wird dann schnell deutlich, ob etwa Beschleunigungsprofile falsch eingestellt wurden oder die Auslastung einzelner Antriebe zu niedrig ist. Bei Schiebeelementen oder Palettierern ist zum Beispiel auch häufig der Regler nur für eine Bewegungsrichtung korrekt eingestellt. Bei Bewegungen ohne Gegendruck wird dann zu viel Energie verbraucht.
Im Greenfield – also bei der Umsetzung neuer Anlagen – ergeben sich aber natürlich noch deutlich mehr Möglichkeiten für eine energieeffiziente Motorauslegung. Mithilfe moderner Simulationstools kann etwa schon in der Planung, und noch bevor ein einziges Stück Stahl verbaut wurde, sichergestellt werden, dass die richtigen Antriebe für die richtigen Aufgaben zum Einsatz kommen. Eine Überdimensionierung, wie sie bei herkömmlichen Planungsverfahren sicherheitshalber meistens vorgenommen wird, ist dann nicht mehr nötig.
Zu den niedrigschwelligen Lösungen, die bei dieser Arbeit unterstützen, zählt zum Beispiel das kostenlos online verfügbare Motor Management Design-Tool. Damit lässt sich die Energieeffizienz einer Anwendung einfach berechnen. Hierfür werden lediglich die relevanten Daten – etwa zu Spannung, Motor oder Strompreis – eingegeben, und das Tool berechnet automatisch Wirkungsgradkurven und gibt an, wie viel Energie sich beispielsweise mit einem Frequenzumrichter einsparen lässt. Auch die Amortisationsdauer wird berechnet. Zudem können auch Einsatz und Mehrwerte von Sanftanlassern mithilfe des Tools evaluiert werden.
Auf’s Ganze gehen
Zum Abschluss noch ein ganz wichtiger Punkt: Denn wie in vielen anderen Lebensbereichen, zahlt sich auch beim Motormanagement ein Perspektivwechsel aus. Werden nicht nur einzelne Antriebe mit ihrem je einzelnen Wirkungsgrad betrachtet, sondern – aus einer Makroperspektive – auch das Gesamtsystem mit seiner kompletten Energiebilanz, treten häufig noch weitreichendere Einsparpotentiale zutage. Da geht es dann etwa darum, mithilfe von Simulationstools wie EcoStruxure Machine Expert, ein Motion Design zu orchestrieren, mit dem die geforderte Produktion mit minimalem Ressourceneinsatz umgesetzt werden kann. Auch die Einführung und Nutzung von Zwischenkreisen lässt sich auf Basis einer solch systemischen Sichtweise deutlich besser bewerten. Bei Zwischenkreisen wird, wie der Name schon nahelegt, zwischen den einzelnen Antrieben ein zusätzlicher Stromkreis aufgebaut, über den ein Ausgleich zwischen überschüssiger und benötigter Energie realisiert werden kann. Überschüssige Energie ist beispielsweise Bremsenergie oder Energie, die über eine Hubanwendung beim Absenken einer Last entsteht. Damit die Energie im Gesamtsystem nicht verloren geht, kann sie in einem Zwischenkreis gespeichert und bei Bedarf wieder in Bewegungsenergie umgewandelt werden. So wird bei gleicher mechanischer Leistung insgesamt weniger Strom aus dem Netz bezogen.
Ob einzelne Komponenten zum Nachrüsten, intelligente Softwarelösungen oder die ganzheitliche Betrachtung von Motoren im Gesamtsystem – Stellschrauben zur Steigerung der Energieeffizienz gibt es zuhauf. Mit diesen lassen sich der Energiebedarf und damit die Kosten effektiv senken – und das oft mit einem schnellen Return on Investment. Wer sich in der Vergangenheit eher weniger mit diesem Thema beschäftigt hat, wird schnell merken, wie hoch das Einsparpotenzial ist – selbst bei minimal invasiven Eingriffen. Und mit dem richtigen Partner ist man auf diesem Weg nicht allein. Unser Serviceteam hilft Ihnen gerne weiter!
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