In Biel/Bienne, dem Zentrum der Schweizer Uhrenindustrie, kennt man sich mit Innovationskraft und Präzision bestens aus. So wundert es auch nicht, dass sich hier in einem von sechs über das Land verteilten Switzerland Innovation Parks (SIP) die Swiss Smart Factory befindet. In dieser Fabrik werden an einer aus verschiedenen Anlagenmodulen bestehenden Produktionslinie hochmoderne Technologien auf ihre Praxistauglichkeit hin erprobt. So auch die technische Umsetzung einer neuen Automatisierungsphilosophie, die für die Automatisierungswelt nichts weniger als einen Paradigmenwechsel bedeutet. Denn anstelle von proprietären Systemen setzt diese auf eine herstellerunabhängige und softwarezentrierte Automatisierung.
Proprietäre Systeme bremsen die Industrie 4.0 aus
In der Swiss Smart Factory wird demonstriert, wie Industrie 4.0 funktionieren kann. Denn noch stellen sich die mit der vierten industriellen Revolution in Verbindung gebrachten Vorteile in der Realität oft nicht ein. Von flexibler Produktion, wandelbaren Fabriken, kundenzentrierten Lösungen oder einer mehrwertbringenden Nutzung von Daten profitieren aktuell nur wenige Industrieunternehmen. Grund dafür sind meist proprietäre Steuerungssysteme, die der Durchgängigkeit von Daten oder der Interoperabilität verschiedener Lösungen im Weg stehen. Das Fatale: In der von der SPS-Steuerung geprägten Automatisierungswelt sind proprietäre Systeme noch der Standard. Hard- und Software sind herstellerspezifisch aneinandergekoppelt. Für jede SPS-Steuerung jedes Herstellers und jeder Generation existiert also jeweils eine spezifische Entwicklungsumgebung. Wird eine Steuerung gegen ein neueres Modell getauscht, muss erst ein entsprechender Code programmiert werden. Flexibilität sieht anders aus.
Automatisieren nach IT-Logiken
Dass es aber längst möglich ist, Automatisierung auch herstellerunabhängig zu denken und zu praktizieren, zeigt sich in der Swiss Smart Factory. Denn hier wird nach IT-Logiken automatisiert. Heisst: Softwareapplikationen werden nicht nur für die Hardware eines bestimmten Herstellers programmiert, sondern Software ist in der Regel unabhängig vom Anbieter einer Hardware ausführbar. In der IT-Welt ermöglichen das unter anderem Betriebssysteme, die einen gemeinsamen Nenner zwischen Laptops oder Smartphones und anderen Geräten unterschiedlichster Hersteller bilden.
Eine sogenannte Runtime Execution Engine macht dies nun endlich auch für die Automatisierung möglich. Bereitgestellt wird sie von einer unabhängigen Non-Profit-Organisation, der UniversalAutomation.Org (UAO). Ihre wichtigste Eigenschaft: Hardware und Software werden grundlegend voneinander entkoppelt, sodass die entscheidende Basis für eine herstellerunabhängige Automatisierung endlich geschaffen ist.
Mit EcoStruxure Automation Expert hardwareunabhängig programmieren
In der Swiss Smart Factory wird eine Anlage – sie ist Teil einer Montagelinie für Drohnen – nach diesem Ansatz automatisiert. Zum Einsatz kommen dort zum Beispiel Förderbänder sowie ein Delta-Roboter. Für deren Automatisierung wurde und wird das Engineering-Tool EcoStruxure Automation Expert von Schneider Electric eingesetzt. Damit ist es möglich, automatisierte Anwendung zunächst rein softwareseitig zu modellieren. Konkret werden dabei Funktionsbausteine – also Softwareobjekte, in denen Funktionalitäten gekapselt sind – unabhängig von jeglicher Hardware erstellt. Diese lassen sich dann unabhängig vom Hersteller wiederverwenden. Zugleich sind damit auch die Lebenszyklen von Hardware und Software voneinander entkoppelt. Wird die Hardware ausgetauscht, muss die bestehende Software lediglich auf die neuen Komponenten aufgespielt werden.
Das sorgt auch für mehr Resilienz in Anlagen. Fällt zum Beispiel eine SPS-Steuerung aus, kann der Code auf jedes andere Bauteil mit CPU aufgespielt und von diesem berechnet werden. Damit steht diese Herangehensweise an die Automatisierung im Einklang mit der dezentralen Automatisierungsweise, die in der IEC Norm 61499 beschrieben ist. Der Systembau nach dieser Norm folgt dem Prinzip der Schwarmintelligenz. Jeder Anlagenteil erhält die für ihn relevante Intelligenz – gegebenenfalls liefert er sie auch – und ist damit nicht mehr hierarchisch einer SPS-Steuerung untergeordnet.
Industrie 4.0 heute, hier und jetzt erleben
Die Swiss Smart Factory zeigt, wie sich die Vorteile von Industrie 4.0 umsetzen lassen. Ein entscheidender und dort bereits vollzogener Schritt in diese Richtung ist die herstellerunabhängige Automatisierung nach IEC 61499. In der hochmodernen Umgebung der smarten Fabrik werden Funktionsweise und Vorteile dieses Ansatzes anschaulich demonstriert. Und zu sehen ist dort auch, dass mit der Runtime Execution Engine der UAO und dem IEC 61499-tauglichen Entwicklungswerkzeug EcoStruxure Automation Expert erprobte Werkzeuge für diese Art der Automatisierung vorhanden sind.
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