Nachrüstbare Sensorik in Ortsnetzstationen bringt Datentransparenz ins Energienetz
Nach Plänen der deutschen Bundesregierung soll bis 2030 mindestens 80 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien generiert werden (600 TWh). Bis 2035 sind laut Osterpaket sogar annähernd 100 Prozent das Ziel. Doch volatile Quellen wie Sonnen- oder Windkraft stellen Stromnetze vor ganz konkrete Herausforderungen. Die Kapazitäten von Energienetzen müssen erweitert werden, um die steigende Zahl dezentraler Erzeuger aufzunehmen. Um Verfügbarkeit und Qualität der erzeugten Energien zu koordinieren, ist es außerdem nötig, die inneren Vorgänge der Energienetze genauer zu erfassen. Dabei nehmen Ortsnetzstationen eine Schlüsselposition ein.
Im Zentrum der Energiewende
Schätzungsweise 600.000 Ortsnetzstationen sind in Deutschland im Einsatz, knapp 79.000 in Österreich. Als Schnittstelle zwischen Mittel- und Niederspannungsnetzen übernehmen sie die Verteilung an Endverbraucher. Außerdem sind sie zunehmend auch für die Einbindung erneuerbarer Energien aus dezentralen Quellen zuständig. Dabei handelt es sich vorrangig um Strom, den Photovoltaikanlagen auf Gebäudedächern und über Parkplätzen erzeugen. Diese sind in immer mehr Bundesländern vorgeschrieben, speisen aber ins Niederspannungsnetz ein. Die Folge: Wenn zum Beispiel an sonnigen Tagen mehr Strom über PV-Anlagen generiert wird, als das Netz gerade benötigt, kann es über die Ortsnetztransformatoren zu temporären Rückeinspeisungen in die Mittelspannung kommen.
Klassischerweise sind Ortsnetzstationen nur mit Kurzschlussanzeigern ausgerüstet und verfügen sonst über keinerlei Möglichkeiten zur digitalen Überwachung. Um den neuen Belastungen zu begegnen, ist es aber essentiell für den Netzbetreiber, ein vollständiges Bild der vorhandenen Energieinfrastruktur zu erhalten. Er muss also auch dezentrale Ein- und Rückspeisungen erfassen. Aus einem kontinuierlichen und granularen Monitoring geht dann beispielsweise hervor, ob unsymmetrische Belastungen Trafos beschädigen könnten. Oder wird zusätzliche Energie aus der Mittelspannung benötigt? Haben bestimmte Ortsnetzstationen vielleicht noch Kapazitäten für zusätzliche Elektroauto-Ladestationen?
Neu ausrüsten, Bestand nachrüsten
Die Energiewende erfordert ohnehin einen Netzausbau, da ein Großteil bisher fossil betriebener Prozesse in Zukunft elektrisch laufen soll. Vor allem Wärmeerzeugung und Mobilität machen hier einen großen Anteil aus. Ortsnetzstationen sind dafür Dreh- und Angelpunkt. Um die benötigte Transparenz zu erreichen, müssten diese jedoch über aktuelle und vor allem digital vernetzte Mess- und Regeltechnik verfügen.
Aufgrund ihrer großen Zahl ist es aus Kosten- und Ressourcengründen nicht praktikabel, alle Anlagen durch neue Modelle zu ersetzen. Stattdessen müssen bestehende Ortsnetzstationen mit smarten, das heißt kommunikationsfähigen, Energiezählern nachgerüstet werden. Direkt am Niederspannungsgerüst montiert, sammeln diese in Echtzeit Daten. Über eine smarte Fernwirkeinheit, wie Easergy T300 von Schneider Electric, können die gesammelten Daten beispielsweise in eine Cloud gesendet werden. Dort verarbeiten bereits vorhandene Energiemanagementsysteme die Daten weiter, oder sie werden an eine Leitstelle übermittelt.
Um neben der Erfassung von Energieflüssen zusätzlich für mehr Sicherheit zu sorgen, ist es zudem möglich, die installierte Basis auf Vorschädigungen zu untersuchen und zu überwachen. Temperatur- und Klimasensoren wie Easergy TH110 oder CL110 weisen auf Risiken klimatisch oder elektrisch induzierter Degradation hin. Einschließlich der Kommunikation erfolgen diese Prozesse ebenfalls drahtlos. Schon mit diesen vergleichsweise einfachen Maßnahmen sind bedeutende Transparenzgewinne möglich. Das schafft die Grundlage für wichtige Digitalisierungsprozesse, die zur Netzstabilität beitragen. Verteilnetzbetreiber können die aus dem Netz gesendeten Daten nutzen, um Strom und Spannung zu beobachten und zu steuern sowie zeitnah auf sich verändernde Netzaktivitäten zu reagieren.
Mehrwert durch Software
Werden elektrische Energieflüsse in der Ortsnetzstation granular erfasst, erhöht sich die Sichtbarkeit im Netz deutlich. Digital vernetzte Hardware macht Ein- und Rückspeisevorgänge im Verteilnetz in Form von Daten transparent. Um aus den erhobenen Daten einen Mehrwert zu schaffen, braucht es aber auch eine entsprechende Softwarelösung für optimiertes Energiemanagement. Differenzierte und visuell aufbereitete Einblicke in die Niederspannungsverteilung bieten intelligente Netzmanagementlösungen wie EcoStruxure ADMS (Advanced Distribution Management System) oder EcoStruxure Grid Operation (für kleine und mittlere EVU).
Die Energiesicherheit steigt, weil mit diesen Lösungen die Einspeisungen koordinierbar sind. Mit der hohen Transparenz, die durch die verteilte Sensorik entsteht, werden außerdem Anomalien im Netz frühzeitig erkannt. Über ein automatisches Warnsystem lässt sich das zuständige Servicepersonal dann frühzeitig informieren. Damit leistet das Netzmanagementsystem einen wichtigen Beitrag, Netzausfälle zu verhindern oder zumindest deutlich zu verkürzen. Wartungsarbeiten an elektrischen Installationen wie Ortsnetzstationen sind somit bedarfsgerecht und vorausschauend planbar, was sich positiv auf die Anlagenlebensdauer auswirkt.
Die Energienetze von morgen
Ob zur Dekarbonisierung oder für die Versorgungssicherheit: Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien stehen Stromnetze vor großen Herausforderungen. Doch schon einfach zu implementierende Lösungen wie Temperatur- und Klimasensoren in den Ortsnetzstationen tragen dazu bei, granulare Transparenz in den Netzen zu schaffen. So kommt die Digitalisierung der Energienetze wirkungsvoll voran. Der Einsatz einer geeigneten Energiemanagementlösung optimiert den Einsatz vorhandener Ressourcen und stärkt die Infrastruktur nachhaltig.
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