Zum Einsatz von BIM in der Gebäude-modernisierung
Im Baugewerbe gewinnt die Digitalisierung mit Building Information Modelling (BIM) zunehmend an Relevanz. Beim BIM werden die verbauten Komponenten sowie sämtliche Informationen über diese in einem digitalen Modell des Gebäudes verortet. So entsteht ein sogenannter digitaler Zwilling. Über eine zentrale Datenbank sind diese Informationen für alle, die dazu berechtigt sind, schnell und einfach zugänglich. Und das über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes hinweg. Warum also sollten diese Vorteile nicht auch für den Betrieb eines Bestandsgebäudes erschlossen werden, etwa im Rahmen einer Modernisierung?
Unterstützung bei der Dokumentation in Bau und Bestandssanierung
Die Nutzung von BIM ermöglicht etwa bei der Dokumentation des Gebäudes, wie sie durch verschiedene Normen gefordert ist, bedeutende Zeitersparnis. Denn Fehler in der Kommunikation und Koordination der verschiedenen Gewerke führen heute noch oft zu zeit- und kostenaufwendigen Korrekturen. Mit einem digitalen Zwilling werden sie vermieden. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE beispielsweise nutzt BIM für ein Hochhausprojekt in Berlin-Lichtenberg.
Im Mai 2020 trat die DIN 18015‐1:2020‐05 für die Errichtung von elektrischen Anlagen in Wohngebäuden in Kraft. Neu enthielt sie unter anderem die Forderung, die Dokumentation eines Gebäudes fortlaufend an den aktuellen Anlagenzustand anzupassen. Auch im Bestand gilt nun also eine Pflicht zur kontinuierlichen Dokumentation. Diese muss auch die notwendigen Wartungs- und Prüfintervalle enthalten, etwa für Rauchwarnmelder. Bei der Dokumentation sowie der Erfüllung dieser Auflagen im laufenden Betrieb bedeutet eine datendurchgängige BIM-Lösung eine Arbeitserleichterung für alle Beteiligten. Alle relevanten Informationen sind im digitalen Zwilling enthalten; die Dokumentation lässt sich automatisch und unkompliziert erstellen. Das zuständige Architekturbüro etwa nutzt BIM bei der Planung der Wohnbausanierung einer Volkswagen-Immobilie in Wolfsburg.
Bessere Planung, Ergebnissicherung und Kommunikation
Über die vereinfachte Dokumentation hinaus sprechen weitere Gründe für den Einsatz von BIM im Zuge der Modernisierung eines Bestandsgebäudes. Gebäudebetreiber und Planer können intendierte Änderungen und ihre Folgen – beispielsweise für den Energiebedarf des Gebäudes – simulieren. Zusätzlich können sie nach Abschluss der Arbeiten die tatsächlichen Auswirkungen überwachen. Aber auch handwerkliche Betriebe, etwa für Wasser- oder Elektroinstallation, arbeiten auf der Basis aktueller Gebäude- und Installationspläne weniger fehleranfällig.
Für den laufenden Betrieb sind Facility Manager in der Lage, Wartungspläne zu erstellen, die auf der realen Belastung basieren, und Daten über die verbauten Geräte schnell und unkompliziert aufzurufen. Da sich im digitalen Zwilling außerdem Energieflüsse und Verschleiß in Echtzeit verfolgen lassen, werden Fehler schneller erkannt, lokalisiert und behoben. Und wenn ein Gerät das Ende seiner Lebensdauer erreicht hat, stehen alle relevanten Informationen zur korrekten Entsorgung bereit. Dass sich die Anwendung von BIM lohnt, steht also außer Frage. Wie aber setzt man es im Bestand um?
Nachträglich einen digitalen Zwilling des Gebäudes erstellen
Zur Umsetzung von BIM im Bestand empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen. So werden zunächst die Architekturpläne als 3D-Modelle benötigt. Liegen diese nicht vor, lassen sie sich auch mittels 3D-Scan erzeugen. In dieses Grundgerüst werden Informationen über physische Assets (Schaltanlagen und Maschinen oder die Gebäudeleittechnik) nach und nach integriert. Genaue Angaben wie Leitungsquerschnitte, Modellnummern oder Baujahre sind manuell durch einen Techniker zu erfassen. Mit dem VDI 6070 Raumbuch liegt auch eine Richtlinie für diesen Prozess der Digitalisierung eines Bestandsgebäudes und seiner Einbindung in den BIM Prozess vor.
Schlüsseltechnologie IoT
Damit der digitale Zwilling immer ein aktuelles und vollständiges Bild des Gebäudezustands liefert, muss er kontinuierlich Verbrauchs- und Zustandsdaten erhalten. Dazu braucht es vernetzte Geräte, etwa Smart Panels. Diese intelligenten Niederspannungsschaltanlagen messen selbsttätig Stromverteilung sowie Stromverbrauch und steuern die Last anhand der gewonnenen Daten, welche auch an das Gebäudemanagementsystem kommuniziert werden.
Alternativ lassen sich in Bestandsanlagen kabellos kommunizierende Energiezähler und Sensoren integrieren. Das sind etwa die PowerTags oder die Temperatur– und Feuchtigkeitssensoren TH110 und CL110 von Schneider Electric. Diese Geräte erfassen Verbrauchs- und Umgebungsdaten, leiten sie an das Gebäudeenergiemanagementsystem weiter und halten den digitalen Zwilling dadurch aktuell. So sind die Vorteile von BIM auch für ein Bestandsgebäude kontinuierlich verfügbar.
Dieser Text ist der zweite Teil unserer Blogserie zum Thema Modernisierung. Die Einleitung finden Sie hier; im nächsten Teil wird es um die Potentiale von Gebäude-Energiemanagementsystemen und Sektorenkopplung gehen.
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