Wer Birgit Königsheim als kleines Mädchen gefragt hat, was sie einmal werden wolle, hat eine ganz deutliche Antwort bekommen: Balletttänzerin oder Astronautin. Glücklicherweise ist aber alles anders gekommen, denn ansonsten müsste die MINT-Elite in Deutschland heute auf eine wichtige Protagonistin verzichten. Birgit Königsheim hat sich nicht etwas nach dem Abschluss entschieden, ins All abgeschossen zu werden, sondern Elektrotechnik zu studieren.
Nach Stationen bei Siemens und Nokia ist sie heute Vice President Service DACH bei Schneider Electric. Zum heutigen Women´s Day 2021 ist sie damit unsere perfekte Interviewpartnerin. Wir haben 6 Fragen an Birgit Königsheim rund um das Thema „Frauen in MINT-Berufen“ gestellt.
Wann hast du als Frau im MINT-Bereich zum ersten Mal gemerkt, dass es wichtig ist, sich zu vernetzen?
Birgit Königsheim: Das war schon sehr früh. Ich habe nach meinem Schulabschluss Elektrotechnik studiert und hier waren wir MINT-Frauen in der Minderheit. Dadurch bist du als Frau am Campus bekannt wie ein bunter Hund und stehst ständig unter Beobachtung. Gleichzeitig bildet sich immer eine Traube um dich – Kontakt zu Männern hast du, die wenigen Frauen findest du aber einfach nicht.
Im Elektrotechnikstudium ist zudem der Konkurrenzkampf unheimlich groß, denn rund 70 Prozent der Studierenden fallen durch und unterschwellig bekommst du als MINT-Frau ständig Kommentare gedrückt. Da fallen so Sätze wie „Wie, du als Frau hattest Mathe Leistungskurs?“ oder „Die Mädels sind eh diejenigen, die zuerst wieder raus sind“. Für mich war das damals kein Problem, aber vor allem introvertierte Studentinnen leiden darunter. Um sich miteinander zu vernetzen, um sich auch über die eigenen Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu stärken, habe ich im zweiten Semester einen Frauenkreis gegründet.
„Gerade in MINT-Berufen gibt es gendergeprägte Spielregeln. Als Frauen müssen wir diese Rituale erkennen und lernen, damit spielerisch und auf unsere eigene Art umgehen, sonst kommen wir nicht weiter.“
Was bedeutet Netzwerk für MINT-Frauen? Warum ist es so wichtig, sich gegenseitig zu supporten?
Birgit Königsheim: In MINT-Berufen gibt es ganz klare Spielregeln, die durch die Geschlechter geprägt sind. Kennst du diese Spielregeln als Frau nicht, hast du dauerhaft das Gefühl, dass du etwas falsch machst. Der Klassiker in einem Meeting ist, dass du als MINT-Frau eine Meinung vertrittst, niemand aber deiner Argumentation Gehör schenkt oder sie sofort totgeredet wird. Anderer Klassiker: Ein Kollege schnappt deine Idee auf und trägt sie als die eigene vor.
Uns Frauen passiert das deutlich häufiger als Männern – das sind einfach die Spielregeln in der Technologie. Bringt dir niemand diese Rituale bei, dann zweifelst du an dir und kommst nicht weiter. Ich habe bereits in meiner frühen Berufskarriere im Siemens Management ein Coaching in diesem Bereich belegt. Wir MINT-Frauen müssen lernen, mit diesen Ritualen spielerisch umzugehen. Mein Motto: Bleib authentisch und habe Spaß an dem, was du tust – don´t become a better man!
Das klappt in der Gemeinschaft besser: Wir MINT-Frauen können voneinander lernen und von dem profitieren, was andere schon erlebt haben.

In welcher Phase deiner Karriere hast du Frauen-Netzwerke besonders in Anspruch genommen?
Birgit Königsheim: Auch heute noch als Vice President Service DACH kommt das immer wieder vor, dass ich mir Rat in meinen existierenden Frauen-Netzwerken hole. Ich kann mich aber daran erinnern, dass das auch ein großes Thema bei der Familienplanung war. Es ist nun mal so, dass die größten Karrieresprünge im Alter von 30 bis 40 passieren. Das ist aber auch genau der Zeitraum, in dem wir als Frauen Kinder bekommen. Das Netzwerk hat mir geholfen, hier für mich einen Weg zu finden. Heute empfehle ich anderen MINT-Frauen, die in Führungspositionen möchten: Augen auf bei der Partnerwahl. Ich habe zwei Söhne und einen wunderbaren Mann, der ebenso in Elternzeit gegangen ist wie ich. Das Rollenverständnis haben wir aufgebrochen: Als Frau musst du nicht auf Kinder verzichten, wenn du Karriere machen möchtest. Und du musst auch nicht der Karriere absagen, um eine Familie zu gründen. Du musst auf nichts verzichten!
Woran erkenne ich als MINT-Frau, ob ein Arbeitgeber für mich und meine Pläne geeignet ist?
Birgit Königsheim: Am Ende ist die Arbeitgeberwahl, auch als Frau in MINT-Berufen immer eine Bauchsache. Aber es gibt dennoch Indizien, an denen du sehen kannst, ob ein Arbeitgeber es wirklich mit dem Frauengedanken ernstmeint. Ich habe selbst schon erlebt, dass Arbeitgeber zwar von Parität sprechen, in den hohen Positionen aber dann nur Männer sitzen. Darauf kannst du als MINT-Frau bei der Arbeitgeberwahl achten: Hinterfrage ob das, was im Vorstellungsgespräch versprochen wird, auch wirklich umgesetzt wird oder ob es am Ende nur heiße Luft ist.
Viele Arbeitgeber glänzen auch mit tollen Frauenförderungsprogrammen in der Technologie, aber auch hier hilft es, genauer hinzusehen: Gute Programme sind nur die eine Seite der Medaille, wenn die Genderequality nicht auf höheren Ebenen umgesetzt wird, haben auch die Programme keinen Wert.
Hast du einen Job angenommen und merkst dann, dass du hier als Frau verheizt wird, habe den Mut, auch zu gehen. „Love it, leave it or change it“ ist in diesem Lebensbereich meine Strategie. Du kannst die Menschen nicht verändern, sondern nur dich selbst. Merkst du also, dass du im Unternehmen nicht das findest, was du liebst, bleibt dir am Ende nichts anderes übrig, als zu gehen. Auch ich habe das schon so gemacht und bin immer wieder ins kalte Wasser gesprungen. Es lohnt sich, mutig zu sein!

Du bist jetzt seit eineinhalb Jahren als Vice President Service bei Schneider DACH – was hat sich für dich seitdem verändert? Wie schätzt du die Parität in deinem Arbeitsbereich ein?
Birgit Königsheim: In meinem Management-Team habe ich nun deutlich mehr Frauen als früher eingesetzt. Noch vor einem Jahr saßen hier neun Männer und fünf Frauen, heute ist der Anteil ausgeglichen.
Im Servicebereich ist es immer noch schwer, weibliche Mitarbeitende zu finden. Wir haben hier deutlichen Männerüberschuss – leider, denn ich denke, dass ein geschlechtsausgeglichenes Team immer gewinnbringender ist. Frauen und Männer bereichern sich mit all ihren Eigenschaften gegenseitig. Ich weiß, dass es Frauen im Servicebereich gibt, ich weiß nur noch nicht, warum diese nicht zu Schneider gelangen. Das wollen wir ändern!

Letzte Frage: Wenn du dir den MINT-Bereich in zehn Jahren vorstellst, was wäre deine Traumvision?
Birgit Königsheim: Ich würde mir wünschen, dass wir schon bei der Studienwahl im MINT-Bereich ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen haben. In Ländern wie Serbien oder Montenegro liegt der Anteil der E-Technik-Studentinnen bei 50 Prozent. Es ist schlichtweg normal, dass hier auch Frauen in den Unibänken sitzen. Auch in Deutschland ist der Anteil der weiblichen Studierenden im technischen Bereich zwar inzwischen auf 20 Prozent gestiegen, aber ich glaube, dass es noch so viele tolle Frauen gibt, die ihre Chance nicht ergreifen, weil sie immer noch glauben, dass sie als Frau im MINT-Bereich nichts zu suchen haben. Ich wünsche mir, dass sich das ändert.
Danke für das Gespräch.
Du hast auch Lust darauf, wie Birgit eine Führungsrolle anzunehmen? Unsere Jobs findest Du hier: https://www.se.com/de/de/about-us/careers/overview.jsp
Alles zum Thema „Flexibility@Work“ bei Schneider Electric auf unserer Website: https://www.se.com/de/de/about-us/careers/women-in-tech.jsp
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