Dies ist Teil 1 eines zweiteiligen Specials zur aktuellen Lage der Verpackungsindustrie
Für Unternehmerinnen und Unternehmer sind es anspruchsvolle Zeiten geworden. Das gilt angesichts multipler Krisen – wie Fachkräftemangel, hoher Strompreise, Inflation, geopolitischer Spannungen, Protektionismus oder Klimawandel – nahezu für sämtliche Branchen der deutschen und europäischen Industrie. Aber insbesondere die Verpackungsindustrie steht im Spannungsfeld dieser Entwicklungen heute praktisch vor einer Art Wendepunkt. Denn für sie kommt hinzu, dass die Europäische Union mit der neuen Verpackungsverordnung derzeit eine umfassende Überarbeitung eines zentralen Gesetzestexts in Angriff genommen hat. Deren Ziel ist es, Umweltverschmutzung zu reduzieren und eine Kreislaufwirtschaft für Verpackungen zu fördern. Wie der VDMA schreibt, hat das darin vorgesehene „Verbot bestimmter Verpackungen sowie Materialien […] für viele Firmen aus dem Verpackungsmaschinenbau zu tiefgreifenden Konsequenzen geführt.“
Aber auch wenn sich die derzeitige wirtschaftliche Situation der Branche herausfordernd gestaltet – Grund für Pessimismus oder gar Resignation besteht mitnichten! Im Gegenteil: Wie eine Studie von McKinsey aufzeigt, gehen die gegenwärtig stattfindenden Veränderungen – auch wenn sie mitunter schmerzlich oder anstrengend sein mögen – mit großen Wachstumschancen für die Verpackungsindustrie einher. Gemäß den Unternehmensberatern gelte dies vor allem dann, wenn zwei Leitmotive für die Unternehmensentwicklung priorisiert würden: Nachhaltigkeit und digitale Transformation.
Nachhaltigkeit und digitale Transformation
Themen wie Nachhaltigkeit oder Klima- und Umweltschutz sind für die Verpackungsindustrie vielschichtig. Denn neben den eigentlichen Verpackungsmaterialien, deren Umweltauswirkungen, Herkunft und Entsorgung geht es dabei immer auch um die industriellen Verpackungsprozesse selbst. Wie nachhaltig eine Produktverpackung ist, wird auch durch den ökologischen Fußabdruck der Fabrik definiert. Und diesen zu ermitteln, ist nicht immer leicht. Gleichzeitig können detaillierte Angaben hierzu bereits heute einen echten USP auf dem Konsumgütermarkt bedeuten. Für viele Investoren und Endverbraucher sind ökologische Aspekte zu zentralen Entscheidungskriterien geworden. Wenn es um die Frage geht, wie sich dieser ökologische Fußabdruck nachvollziehbar ermitteln lässt, kommt die digitale Transformation ins Spiel. Denn mithilfe digitaler Feld- und Messgeräte sowie deren Kommunikation mit übergeordneten Analysesystemen ist es – häufig mit erstaunlich einfachen Mitteln – möglich, die Datentransparenz einer Anlage drastisch zu erhöhen – etwa, wenn es um Energieverbräuche oder Herstellungsqualität geht.
Problem – bestehende Maschinenparks
Das Problem ist nur: In bestehenden Maschinenparks, die über viele Jahrzehnte gewachsen sind, sind digitale Vernetzung und durchgängige Datenkommunikation oftmals nur schwer zu realisieren. Schneider Electric hat mit der GreenBox daher einen äußerst kontaktfreudigen Industrie-PC auf den Markt gebracht. Dieser ist durch die installierte Systemplattform von Wonderware mit über 300 Kommunikationstreibern ausgestattet. Damit ist es möglich, auch herstellerheterogene Maschinenlandschaften und deren vielfältige Daten an einem einzigen Softwareort zusammenzuführen. Die Analyseprogramme von AVEVA oder das speziell auf die Anforderungen der Verpackungsindustrie zugeschnittene Line Monitoring System LMS Life können zusätzlich auf der GreenBox installiert werden.
Anhand der somit gewonnenen Datentransparenz lässt sich dann auch gut erklären, wieso ausgerechnet Nachhaltigkeit (in Kombination mit Digitalisierung) als unternehmerische Kernkompetenz so wichtig geworden ist. Denn die nun vorhandenen Daten spielen nicht nur zu Dokumentationszwecken gegenüber Investoren oder Konsumenten eine wichtige Rolle – etwa, wenn es darum geht, den CO2-Fußabdruck pro Produkt zu ermitteln. Die Daten machen es auch möglich, Schwachstellen, Ineffizienzen oder Verbesserungspotentiale granular zu erkennen. Wird dann auf Basis dieser Daten mit einem dediziert von Nachhaltigkeit geprägten Mindset optimiert, zahlt sich das nicht nur ökologisch, sondern häufig auch ökonomisch aus.
Energieeffiziente Antriebstechnik
Besonders augenfällig wird das wirtschaftliche Potential der Nachhaltigkeit beim Thema Energie. Da sich die ohnehin schon hohen Energiekosten mit dem geplanten Wegfall der Zuschüsse für Netzentgelte in 2024 noch einmal erhöhen könnten, ist der Umgang mit Energie heute nicht nur eine ökologische, sondern auch eine kritische finanzielle Frage geworden.
Ein Ansatzpunkt für Optimierungen stellen gerade in der hoch getakteten Verpackungs-industrie die vielen elektrischen Antriebe dar. Diese weisen zwar auf dem Papier häufig schon einen hohen Wirkungsgrad auf, dieser bleibt in der Anwendung aber meist hinter den nominellen Angaben zurück. Grund dafür sind etwa falsch eingestellte Beschleunigungsprofile, unzureichende Auslastung oder eine fehlerhaft berechnete Auslegung. Bei Schiebeelementen oder Palettierern ist zum Beispiel häufig der Regler nur für eine Bewegungsrichtung korrekt eingestellt. Bei Bewegungen ohne Gegendruck wird dann zu viel Energie verbraucht.
Auf viele dieser Probleme lässt sich heute aber schon eine gute Antwort finden. Mithilfe von Simulationsprogrammen, wie sie etwa in EcoStruxure Machine Expert integriert sind, können Beschleunigungskurven sehr genau eingestellt und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Werden dabei sämtliche Achsen im Verbund betrachtet, lässt sich zudem das Zusammenspiel von Beschleunigungs- und Bremsenergie sehr detailliert aufeinander abstimmen und virtuell testen. Winzige Anpassungen können hier schon enorme Effizienzeffekte nach sich ziehen – vor allem, wenn ein Zwischenkreis zur Nutzung der Bremsenergie existiert. Auf diese Weise ist es dann auch möglich, die Auslegung eng am tatsächlichen Bedarf zu orientieren und an jeder Stelle die exakt passenden Antriebe zu verbauen.
Patentierter Softwarebaustein
Schneider Electric hat zudem einen patentierten Softwarebaustein für die Echtzeit-Berechnung und Regelung des Momentenbedarfs zu jedem Zeitpunkt einer Bewegung entwickelt. Damit ist es möglich, den Energiebedarf jeder Bewegungsänderung exakt und in Echtzeit – schon in der simulierten Umgebung – zu ermitteln. So können bereits in der Projektierungsphase der tatsächliche Momenten- und Strombedarf eines Antriebsstrangs exakt bestimmt werden. In der realen Anwendung hat das zur Folge, dass für jede Bewegung auch nur die mindestens erforderliche Menge an Strom verbraucht wird.
Gleichzeitig hilft der intelligente Softwarebaustein aber auch dabei, die Auswirkungen von mechanischem Verschleiß auf die Produktqualität zu minimieren. Ist zum Beispiel der Regler nicht optimal eingestellt – was bei wechselnden Lasten quasi unmöglich ist – kann es zu permanenten Positionsabweichungen kommen. Darunter leidet dann nicht nur die Produktionsqualität, sondern entsprechende Abweichungen müssen in der Regel mit maximalem Strom ausgeglichen werden. Und das führt zu massiven Beschleunigungen auf die Mechanik. Der intelligente Softwarebaustein von Schneider Electric kann hier unterstützen, da er den durch die Materialabnutzung entstandenen, höheren Energiebedarf erkennt.
Der Anlagenbetreiber erhält damit sehr frühzeitig Informationen über die negativen Veränderungen der mechanischen Eigenschaften eines Antriebsstrangs. Er kann dann möglichen Ausfällen durch gezieltes Eingreifen vorbeugen. Außerdem ist die Software dazu in der Lage, die Differenz zwischen Ist- und Sollwert bis zu einem gewissen Punkt automatisch auszugleichen. So kann die Zeit bis zur Reparatur ohne Produktions- oder Qualitätseinbußen und unnötige Abfälle überbrückt werden. Eine nachhaltigere Anlage ist also auch in diesem Fall eine produktivere und bessere Anlage. Denn Ausfälle lassen sich vermeiden und Stillstandszeiten sind reduziert.
Lesen Sie in Teil 2, wieso Flexibilität eine lohnenswerte Nachhaltigkeitseigenschaft ist und inwieweit KI heute schon Vorteile für die Verpackungsindustrie bringt.
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