Schneider Electric macht nicht nur die Mobilität von morgen, sondern auch Rennsport möglich! Unser Experte Jürgen Machl erklärt, wie Motoren für Fahrzeuge getestet werden und warum sich niemand einen Prüfstandsmotor ins Büro stellen möchte.
Die Luft flimmert über der Asphaltdecke. 35 Grad Celsius. Die Luft steht. Aus der Ferne ist ein dumpfes Wummern zu hören. Es kommt näher und näher. Der Ton wird höher und lauter. Plötzlich durchschneidet ein Fahrzeug die Luft, 250 km/h schnell. Die Reifen glühen auf dem Asphalt, die Luft weicht in Zirkeln beiseite. Der Pilot des Rennwagens reißt das Steuer zur Seite und verschwindet mit Getöse hinter der nächsten Kurve. Wer Benzin im Blut hat, dem klopft das Herz gerade schneller. Wir sind gerade Zeuge von Motorleistung in Bestform geworden – ein harmonisches Miteinander aus Ventilen, Kabeln, Elektronik, Schmierstoffen, Treibstoff und Gummi. Das Ergebnis aus jahrzehntelangem Feintuning, an dem – ja, wir sind noch auf dem Schneider Electric Karriere Blog – auch Schneider seine Finger im Spiel hat.
Wenn der Werksinnenhof zu klein wird
Wir sprechen mit Jürgen Machl, Head of Testing Applications Industry Business für Schneider Electric Power Drives in Österreich. Er erklärt uns, wie Schneider Electric an der Weiterentwicklung des Rennsports beteiligt ist, aber auch an der Entwicklung von diversen Innovationen der E-Mobility, Schmier- und Treibstoffen oder den größten Automobilzulieferern. Das Stichwort lautet Prüfstände.
Ein Prüfstand ist, kurz erklärt, eine Apparatur, in die ein Motor eingespannt wird, um ihn testen zu können. „Wir müssen daran denken, woher das kommt“, erklärt Jürgen Machl. „Früher sind Automobilhersteller in ihrem Werksinnenhof im Kreis gefahren, wenn sie einen Motor ausprobieren wollten. Das hat natürlich eine Menge Nachteile: Messungen am bewegten Objekt, Ausbau des Motors jedes Mal, wenn etwas verändert wird, und irgendwann wird auch einfach der Hof zu klein.“ So sind letztendlich findige Leute auf die Idee gekommen, den Motor außerhalb eines Fahrzeugs zu testen. Die Herausforderung dabei ist, eine realistische Last für den Motor zu simulieren, damit sichtbar wird, wie er sich beispielsweise bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten verhält. Hier kommt Schneider Electric ins Spiel.
„Früher hat man Wasser durch die Gegend gepumpt.“
Heutzutage bieten nämlich Elektromotoren die Last für den Motor. Ein Frequenz-Umrichter bestimmt genau die Spannung, Strom und Frequenz der Last, die auf den Motor wirkt. So werden möglichst dynamische Anforderungen an den Motor simuliert. „Früher hat man dafür Wasser durch die Gegend gepumpt“, lacht Jürgen Machl, „und über die Ventilstellung die Last bestimmt. Das hat natürlich eine gewisse Trägheit.“ Das ist Schnee von gestern. Die Prüfstandsmotoren von heute sind modernste technische Anlagen von beeindruckender Größe. „Prüfstandsmotoren beginnen bei 400 kg und einer Leistung von etwa 120 kW. Das sind ca. 180 PS – kein kleiner Motor, außer vielleicht für den Rennsport“, sagt Machl. „Den wollen Sie sich nicht ins Büro stellen, der kracht Ihnen durch die Decke.“
Dementsprechend enorm sind auch die Umrichter, die Kernkompetenz von Schneider Electric im Bereich Prüfstand. Über eine Million Umrichter produziert Schneider im Jahr. Für einen Motor in der Größenordnung von 120 kW haben wir es mit etwa 600 mm breiten Schränken zu tun. Aber die richtig großen Motoren, auch im Rennsport, sind mittlerweile bei etwa 700kW bis 1200kW angelangt, und da werden die Schränke 4-5 Meter breit. „Und manche Kunden, lachen Sie nicht, möchten den gerne in pink haben“, sagt uns Jürgen Machl schmunzelnd. Die meisten produzierten Umrichter sind eher kleiner, denn Standardumrichter aus dem Katalog sind natürlich nicht als Prüfstand in der Motorenentwicklung verwendbar. Dafür wären sie zu klein. Jedoch ist nach oben keine Grenze gesetzt. „Wir bauen gerade einen Prüfstand in Indien und China mit auf, da geht es nicht um Rennsport, sondern um die Herstellung von Generatoren. Da brauchen wir einen Motor mit einer Leistung von 4000 kW. In der Größenordnung gibt es also auch Prüfstände“, erklärt Machl, „und einen nicht zu unterschätzenden Markt!“
80 Prozent der Prüfstände testen keine Motoren
Unserem Experten Jürgen Machl ist seine Leidenschaft für das Thema anzumerken. Schon in seinem Studium beschäftigte er sich mit Regelungstechnik für elektrische Maschinen und verfasste auch seine Dissertation zu dem Thema. Eines Tages erhält er einen Anruf eines guten Freundes, der ihn fragt: „Sag mal kennst du nicht jemanden, der sich mit Regelungstechnik auskennt?“ Und so einfach beginnt Jürgen Machl seine Karriere vor 13 Jahren bei Schneider Electric. Zunächst arbeitet er als Systementwickler für Prüfstände, wächst dann in das Offer Technology Management hinein und wird schließlich zum Bereichsleiter, wo er sich heute befindet.
„Klar, Rennsport ist immer der große Aufhänger“, sagt Machl. „Dabei vergisst man schnell, dass 80 Prozent der Prüfstände ganz woanders gebraucht werden. Rennsport ist ja schon eine Nische der Nische.“ Diese 80 Prozent der Prüfstände sind in der Größenordnung von 250 kW. Bei ihnen geht es aber gar nicht unbedingt um die Motoren, die in den Stand eingespannt sind. Jürgen Machl erklärt es so: „Eine Firma für Treibstoffentwicklung oder Schmierstoffentwicklung nutzt Prüfstände mit unserer Technik oder der größte Automobilzulieferer für Fahrzeugelektronik testet auf diesen Prüfständen seine Zündautomatik und die Ventildeckelsteuerung. Da läuft also auch ein Verbrennungskraftmotor, aber es geht nicht darum den Motor zu testen, sondern ich sage einmal: ‚Wie lange hält der Keilriemen? Was dürfen Sie dem Keilriemen antun?‘ Also Tests, die Aussagen über die Langlebigkeit eines Produkts treffen. Aber auch Tests, die von Regierungen vorgeschrieben werden, Abgastests zum Beispiel, werden auf diesen Prüfständen gemacht. Es geht um die Weiterentwicklung aller Aspekte in der Kette, nicht nur des Motors.“
Die Aufgabe macht den Unterschied
Für Jürgen Machl ist dies einer der spannendsten Aspekte seiner Arbeit: Die Vielseitigkeit der Anwendungen. Aber nicht nur das. „Wir haben hier echt ein gutes Team. Die Art und Weise, wie hier lösungsorientiert gearbeitet wird, ist einmalig“, sagt Machl, „Auch, wenn in einem Konzern dieser Größe auch viel Bürokratie anfällt, habe ich hier jeden Tag spannende Herausforderungen: die Aufgabe jeden Tag ein Team zu führen, für die Kunden da zu sein, jeden Tag abwechslungsreiche Ziele zu erreichen. Wir betreuen beispielsweise einen großen amerikanischen Konzern, der hat seine Prüfstände vor 20 Jahren installiert. Ich muss mich also auch in Technologie eindenken, die wir so eigentlich gar nicht mehr verwenden. Das macht insgesamt unheimlich viel Spaß.“
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