Die „Schneider School“ ist unser soziales Projekt am Standort in Wiehl bei Köln. Burkhard Broksch und sein Team bereiten junge Menschen aus schwierigen sozialen Verhältnissen auf eine Berufsausbildung im Rahmen der „Einstiegsqualifizierung Jugendlicher“ (EQJ) vor. In der Schneider School erhalten diejenigen eine Chance, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance hätten. Die 100%ige Erfolgsquote aus den letzten beiden Jahrgängen ist für uns Antrieb und Motivation, auch in diesem Jahr wieder vier junge Menschen auf eine Ausbildung vorzubereiten. Wir haben mit Burkard Broksch gesprochen, um mehr über das Projekt und die soziale Verantwortung von Schneider Electric zu erfahren.
Lieber Burkhard, was ist die Schneider School und welches Ziel verfolgt die Initiative?
Wir bieten jedes Jahr jungen Menschen die Chance, sich im Rahmen einer Erstqualifizierung auf eine Berufsausbildung vorzubereiten. Zu uns kommen Jugendliche, die private Probleme mit sich tragen und dadurch in der Wirtschaft benachteiligt sind. Hinter den schwierigen Lebensläufen stecken Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen in Schieflage geraten sind. Dank dieser Maßnahme bewahren wir Jugendliche davor, ein Sozialfall zu sein. Dabei achten wir darauf, dass jeder hier fair und gleich behandelt wird und direkt voll in die Ausbildungsgruppe integriert ist.
Was wollen wir und besonders auch Du mit der Schneider School erreichen?
Jeder hat eine zweite Chance verdient, auch diejenigen, die keine astreinen Lebensläufe vorweisen können. Wir arbeiten eng mit der Arbeitsagentur und Jugendämtern zusammen, um junge Menschen für das EQJ bei uns zu gewinnen und damit eine Chance auf eine Ausbildung anzubieten.
Sozial benachteiligte Jugendliche haben in der freien Wirtschaft kaum eine Chance – bei uns treffen die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander: Wir hatten in der Vergangenheit einen Autisten, der aufgrund seiner Erkrankung Probleme hatte; Jungs aus armen Elternhäusern aber auch jemanden, der lange auf der Straße gelebt hat. Und da wird es natürlich schwierig, auf „normalem“ Weg einen Ausbildungsplatz zu finden. Wir sehen uns in der sozialen Verantwortung, Menschen den Weg in die Ausbildung zu ermöglichen.
Im Rahmen der beruflichen Erstqualifizierung sorgen wir uns um die berufliche Betreuung, aber besonders der Ausbau sozialer Komponenten ist extrem wichtig. Integration und Gleichbehandlung sind Dinge, die man als Einzelkämpfer oft nicht erfahren konnte und eins haben alle gemeinsam, die zu uns kommen: Wir müssen erst mal das Selbstbewusstsein aufbauen, bevor es ans Handwerkliche geht.
Was lernen die Teilnehmer der Schneider School?
Wir konzentrieren uns fachlich auf die Vorbereitung für die Ausbildung als Verfahrensmechaniker und Mechatroniker. Während des Jahres erlernen die Schüler ca. 60% des Ausbildungsstoffes und erhalten eine Grundausbildung in den Bereichen Metalltechnik und Elektrotechnik. Während der gesamten Zeit besuchen die EQJ’ler die Berufsschulklasse mit unseren Azubis und erhalten Coaching und Nachhilfe, um Schwierigkeiten in der Schule direkt entgegenzuwirken. Übrigens werden wir Ausbilder auch gecoached, um den Umgang in schwierigen Situationen zu meistern. Hier ist natürlich nicht jeden Tag eitel Sonnenschein (lacht).
Fast noch wichtiger als die fachliche Ausbildung ist die Integration in ein soziales Gefüge. Denn oft hapert es bereits bei den einfachen Dingen: Pünktlich sein, höflich sein, konzentriert bei der Sache bleiben. Wir hatten hier Leute, die kamen rein ohne „Guten Morgen“ und gingen ohne „Tschüss“ zu sagen. Viele haben Enttäuschungen erlebt, denen zeigen wir:„Du kannst das!“. Wir trennen die Schneider School auch nicht von den anderen Azubis, es fällt gar nicht auf, wer eine Lehre macht und wer die EQJ absolviert. In die Gruppe integriert sein, Wertschätzung erfahren und zu wissen, dass man nicht alleine ist, das sind die eigentlich wichtigen Dinge, die wir im Projekt vermitteln wollen.
Gegen Ende des Jahres helfen wir auch bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen und bereiten die Teilnehmer auf Gespräche vor. Wir sind stolz auf unsere Erfolgsquote: Von acht Teilnehmern aus den letzten beiden Jahren haben wir fünf selbst in eine Ausbildung übernommen, eine Person haben wir vermittelt und die beiden anderen haben sich selbst um eine Lehre gekümmert und diese auch bekommen. Da geht einem natürlich das Herz auf.
Wie sieht der Tagesablauf in der Schneider School aus?
Wir treffen uns um 07:00 hier in der Werkstatt und machen unser morgendliches Meeting. Einige verschwinden dann in der Abteilung, die anderen arbeiten hier an ihren Werkstücken, fräsen, feilen und stellen Schaltungen her. Wir gehen zusammen zum Mittag und gegen 15:00 ist hier Feierabend für die Jugendlichen. Die zusätzlichen Maßnahmen wie das Bewerbertraining, finden ebenfalls hier statt. Ansonsten besuchen unsere Schneider-Schüler eben ganz normal mit den anderen Azubis die Berufsschule.
Wie haben sich die Teilnehmer der Schneider School im Laufe der Zeit verändert?
Zu uns kommen oft schüchterne Menschen, die regelrecht Angst vor dem alltäglichen Leben haben. Niemand möchte etwas falsch machen, was oft dazu führt, dass man sich nicht traut, Fragen zu stellen. Es könnte ja sein, dass man vielleicht einfach mal keine Ahnung hat. Mit der Zeit wird jeder mutiger und traut sich auch, mehr zu fragen. Wir versuchen dazu zu animieren, dass sich die jungen Leute erst mal selbst untereinander helfen, wenn Fragen auftauchen. Wenn es dann zu komplex wird, sind wir Ausbilder natürlich auch direkt mit Rat und Tat dabei.
Jeder, der hier das berufliche Qualifizierungsjahr absolviert hat, geht mit einem starkem Selbstbewusstsein, fachlichem Wissen und vor allem auch sozialer Kompetenz raus und weiß, dass die Chance für den Einstieg in das Arbeitsleben da ist. Und bisher hat auch jeder diese Chance ergriffen.
Wieso profitieren alle von der Schneider School?
Wir haben quasi eine win-win-win-win Situation (lacht), will heißen: Vom Projekt profitieren natürlich vor allem die Teilnehmer, aber auch die Arbeitsagentur, Schneider Electric und letztlich die Gesellschaft. Auch wir gehören zu den Unternehmen, denen es immer schwerer fällt, Ausbildungsplätze für technische Berufe zu besetzen, über das Projekt finden wir unheimlich loyale und fachlich sehr gut ausgebildete Azubis. Und dank des Projektes profitiert auch die Gesellschaft, denn hier werden öffentliche Kassen klar entlastet, auch wenn wir im Rahmen des EQJ auch eine staatliche Unterstützung erhalten. Aber: Nach erfolgreicher Ausbildung springen die Jugendlichen nicht von Fördermaßnahme zu Fördermaßnahme, sondern bauen sich ein eigenständiges Leben auf, nehmen am Arbeitsmarkt teil und sind Steuerzahler. Damit leisten wir einen Beitrag zur Gesellschaft.
Wir hatten im letzten Jahr einen erfolgreichen Absolventen der Schneider School, der das erste Lehrjahr direkt übersprungen hat und eine Weiterqualifizierung zum Techniker anstrebt, da sieht man mal, wie es laufen kann und welche Hürden sozial benachteiligten Menschen und auch junge Leute aus einkommensschwachen Familien auferlegt werden.
Welchen Karriereweg hast du genommen, bevor du zu Schneider gekommen bist?
Ich habe einen Hauptschulabschluss und nach meiner Ausbildung zum Maschinenschlosser mein Fachabi auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt und schließlich an der FH Gummersbach Produktionstechnik studiert. 1989 kam ich dann zu Merten, die Marke firmiert heute unter Schneider Electric, in den Neunzigern bin ich dann zu einem kleineren Unternehmen gewechselt, bis ich 2000 dann wieder zurück zu Merten kam. Hier bin ich seit 17 Jahren immer in der Produktion unterwegs. 2014 habe ich dann die Ausbildungsleitung übernommen.
Die Arbeit macht mir extrem viel Spaß, ich kriege hier unmittelbar Feedback von meinen Jungs und kann jedem helfen, der Bock drauf hat, seine Zukunft in die Hand zu nehmen. Mein Job ist definitiv die positivste Aufgabe, die ich je hatte.
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